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STIFTUNGSMONITOR 2022 – UNTERSCHIEDLICHE WAHRNEHMUNGEN
Mit dem Stiftungsmonitor analysiert unsere Niederlassung in Wien gemeinsam mit der Plattform «stiftung-nextgen» jährlich relevante Entwicklungen im österreichischen Stiftungssektor. Insgesamt haben Ende 2022 rd. 150 Personen an der Umfrage teilgenommen, was unter Berücksichtigung von Mehrfachfunktionen bedeutet, dass damit bis zu 10 % der öst. Stiftungen erreicht werden konnten.
Diesmal wurde unter anderem untersucht, ob die verschiedenen Stakeholder (Stifter, Vorstand, Begünstigte) eine unterschiedliche Wahrnehmung zu verschiedenen Aspekten, wie z. B. Qualität des Berichtswesens, Risikoprofil der Anlagen etc. haben. Tatsächlich unterscheiden sich die Antworten in manchen Bereichen. Mögliche Ursachen und Folgen daraus zeigen wir im Folgenden auf.
Die diesjährigen Angaben über die Anlagestruktur lassen erkennen, dass die Bedeutung von Private Equity und Immobilien in 2022 weiter zugenommen hat. Dies bestätigt den in den letzten Jahren anhaltenden Trend zu alternativen bzw. illiquideren Anlageklassen.
72 % der Stiftungen halten Unternehmensbeteiligungen
Aus den Ergebnissen der Studie lassen sich die folgenden zentralen Erkenntnisse ableiten:
Erkenntnis 1: Die Qualität des Berichtswesens wird unterschiedlich beurteilt
Ein zeitnahes Berichtswesen, das sämtliche Vermögensklassen berücksichtigt ist die Grundlage für eine effiziente Steuerung des Stiftungsvermögens. Unterlagen aus der Buchhaltung stehen erst mit Verzögerung zur Verfügung und sind oftmals unübersichtlich. Während Vorstände zu 88 % überzeugt sind, dass ein Gesamtvermögensbericht vorliegt, sehen das Stifter nur zu 74 %. Vor diesem Hintergrund ist auch interessant, dass Vorstand und Stifter teilweise unterschiedliche Angaben über die Entwicklung des Vermögens im abgelaufenen Jahr machen. Dies könnte damit begründet sein, dass eine einheitliche Informationsbasis oftmals nicht vorhanden ist.
Empfehlung: Das vorhandene Reporting sollte dahingehend überprüft werden, ob es geeignet ist, zeitnah über die Entwicklung des Gesamtvermögens und über wesentliche Kennzahlen zu Rendite, Risiko und Kosten der Vermögensverwaltung zu informieren.
Erkenntnis 2: Es besteht ein Bedarf an externer Unterstützung im Bereich der Stiftungsverwaltung
Der meiste Bedarf an externer Unterstützung wird in den Bereichen Vermögenskontrolle und Reporting gesehen. Auch bei den Themen zentrale Ablage, Erfüllung von Offenlegungspflichten und administrative Tätigkeiten (Organisation von Sitzungen, Vorbereitung von Beschlüssen, Zahlungsverkehr, etc.) wird externe Unterstützung als sinnvoll angesehen.
Empfehlung: Nicht zuletzt vor dem Hintergrund des Generationswechsels, der in vielen Stiftungen ansteht, ist es notwendig professionelle Strukturen aufzusetzen. Ein umfassendes Investment Controlling deckt die wesentlichen Funktionen eines internen Kontrollsystems für den Bereich der Vermögensverwaltung ab.
Erkenntnis 3: Unterschiedliche Risikowahrnehmung
Rund 40 % geben an, konservativ veranlagt zu sein. Im Vergleich zum Vorjahr liegt dieser Anteil heuer doppelt so hoch. Dynamische Anlagen wurden im selben Ausmaß reduziert. Dies lässt auf einen deutlich reduzierten Risikoappetit der Anleger in 2022 schliessen. Interessant ist, dass sich die Angaben zum Risikograd der Finanzanlagen von Vorstand, Stifter und Begünstigten unterscheiden. Dies legt den Schluss nahe, dass die Risikowahrnehmung teilweise eine andere ist oder eine einheitliche Informationsbasis fehlt.
Empfehlung: Falsche Erwartungen über den Risikograd der Finanzanlagen können in Jahren wie 2022 zu unerwarteten Resultaten und zu Konflikten führen. Ein umfassendes Reporting bildet auch das Risiko der Veranlagung transparent ab. Negative «Überraschungen» können so verhindert werden. Es ist das Ziel, dass der Risikograd für alle involvierten Parteien transparent dargestellt wird. Änderungen in der Anlagestrategie sollten nicht durch temporäre Marktereignisse indiziert werden. Diese Eingriffe in die langfristige Strategie haben in der Regel einen negativen Einfluss auf das Anlageresultat. Änderungen der Anlagestrategie sollten auf geänderte langfristige Rahmenbedingungen und Paradigmen abgestellt sein.
Erkenntnis 4: Eine Überprüfung der Vorgaben der Stiftung erfolgt nicht regelmäßig
Der Prozentsatz an Stiftungen, die noch nie oder vor mehr als 10 Jahren zuletzt die Stiftungsurkunde überprüft haben, ist mit 25 % sehr hoch. Diese Stiftungen laufen Gefahr, dass die Urkunde Formulierungen enthält, die einer Änderung in Rechtsprechung, Bedürfnissen der Stifter bzw. Begünstigten oder des wirtschaftlichen Umfelds nicht Rechnung tragen. Ein Drittel verfügt über keine Anlagerichtlinien.
Empfehlung: Aus Sicht der Vermögensverwaltung sind die Vorgaben dahingehend zu prüfen, ob genügend Spielraum besteht, auf Änderungen des wirtschaftlichen Umfelds zu reagieren. Die Urkunde sollte als Verfassung lediglich einen Rahmen geben. Konkrete Vorgaben zur Anlagetätigkeit können in so genannten Anlagerichtlinien festgehalten werden.
Erkenntnis 5:
Ein weiterer Schwerpunkt der diesjährigen Umfrage war der Immobilienbereich. Nach Jahren steigender Preise sorgt der kräftige Anstieg der Zinsen in 2022 für ein abruptes Ende dieses Zyklus. Fallende Bewertungen und steigende Finanzierungskosten erfordern eine effiziente Bewirtschaftung der Objekte. Themen der Bewertung und das laufende Controlling und Reporting von Immobilien rücken damit wieder mehr in den Fokus. Die Antworten der Teilnehmer zu Diversifikation und Risikobeurteilung ihrer Immobilienanlagen sind vor diesem Hintergrund besonders interessant.
Die vollständigen Ergebnisse zu sämtlichen Themen der Umfrage können Sie auf der Plattform www.stiftung-nextgen.at abrufen.
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