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KUNST ALS ANLAGEKLASSE
VALENTIN KENNDLER
ist Art Consultant und Gerichtssachverständiger für «Kunst nach 1945». Er unterstützt seine Geschäftspartner beim Kaufen und Verkaufen von Kunstobjekten.
www.contemporaryartadvisors.com
Kann Kunst als Anlage betrachtet werden?
Kunst ist in erster Linie Kunst. In «zweiter Linie» funktioniert aber Kunst – in bestimmten Bereichen – sehr gut als Anlage. Gerade in Zeiten, in denen viele Sachinvestments schon ziemlich «gehyped» sind. Davon ist der Kunstmarkt noch weit entfernt.
Ab welchem Betrag kann investiert werden bzw. wann macht es überhaupt Sinn (als Anlage)?
Es ist immer eine Frage des «Risk / Return»-Verhältnisses, bei dem man sich wohl fühlt. Prinzipiell geht es bei EUR 5000.– los für «emerging art». Werthaltige und liquide Investments beginnen ab EUR 50 000.–.
Wie geht man mit den Themen mangelnde Transparenz, Bewertungsmodelle, Markt / Börse als Anleger um?
Das sind sehr viele Fragen auf einmal, über die ganze Bücher geschrieben wurden. Der Kunstmarkt ist in vielen Bereichen ein ziemlicher «Wilder Westen». Das kann aber natürlich – wenn man sich auskennt – ein grosser Vorteil sein. Wir unterstützen unsere Kunden genau in diesem Punkt: Die haben meist ihre Expertise in anderen Bereichen, und auch nicht unendlich viel Zeit. Mit unserer Unterstützung kaufen sie aber ein wie Profis und haben auch alle Zugänge.
Gibt es Indizes für die Entwicklung des Kunstmarktes an denen sich Anleger orientieren können? Wie haben sich diese entwickelt?
Ja, die gibt es. Es gibt Indizes von artprice, von Sotheby’s, von der UBS und vielen anderen mehr. Letzterer sagt, dass die Preise 2009 bis 2019 um über 30 % gestiegen sind. In 2020 gab es einen definitiven Preisrückgang.
Ist Kunst aktuell teuer bzw. in welchen Segmenten gibt es Opportunitäten für Anleger?
Im Gegensatz zu manchen anderen «Alternative Investments» ist Kunst nicht so durch die Decke gegangen. Und ja, wir bekommen täglich Angebote auf den Tisch, manche sind auch echte Opportunitäten. Auch wenn man es ganz transparent und objektiv rechnet.
Wie bewerte ich Kunst?
Üblicher Weise auf Basis von Vergleichswerten. Oftmals muss man sich aber sehr mit einem Künstler auskennen, um zu wissen, was vergleichbar ist.
Führen die mangelnden Anlagealternativen auch zu einem Anstieg der Nachfrage nach Kunst?
Das haben wir 2020 sehr klar so gespürt. Definitiv. Viele wollen ihr Geld nicht unbedingt am Bankkonto haben, da wird Kunst dann manchmal auch ein Thema.
Wie haben sich die Preise im «Corona-Jahr» 2020 entwickelt?
Wenn man den gesamten Kunst- und Antiquitätenmarkt betrachtet, ist das Volumen 2020 um rund 25 % gesunken. Die Preise sind natürlich ebenfalls unter Druck, was prinzipiell gut zum Einkaufen ist. Man muss aber sehr genau hinsehen: In der Krise verkauft man zuerst nicht die Kronjuwelen sondern tendenziell die «Leftovers». Übrigens haben sich die Online Sales verdoppelt.
Was sind die aktuellen Trends?
Also wirklich durch die Decke gegangen sind die Preise von «Banksy». Für ein «Girl with Ballon» in einer Auflage von 600 zahlt man aktuell über USD 200 000.–. Wobei der Erhaltungszustand sehr relevant ist. Langfristig interessant ist der Bereich «Digital Art». Die Blockchain und Non Fungible Tokens (NFTs) bieten da interessante Möglichkeiten für die Zukunft. Zuletzt wurde bei einer Auktion von Christiés für das Werk «The First 5000 Days» des Digital Art-Künstlers Beeple die Rekordsumme von USD 69.3 Mio. gezahlt. Da merkt man schon, dass hier viel Aufmerksamkeit da ist.
Der globale Kunstmarkt 2020 in Zahlen:
- Weltweite Kunst- und Antiquitäten-Verkäufe haben USD 50.1 Mrd. erzielt, ein Rückgang von 22% gegenüber 2019.
- Online Verkäufe haben das Rekordniveau von 12.4 Mrd. erzielt, eine Verdopplung gegenüber dem Vorjahr. Der Online Markt anteil beträgt erstmals 25%.
- US, UK und China machen 82% der globalen Verkäufe aus. Der US Markt ist mit einem Anteil von 42% der grösste Markt.
Quelle: Art Basel & UBS Report 2021
Der globale Kunstmarkt: Wert der Transaktionen
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